A+B Electronic: Von jahrelanger Entwicklung und dem ersten Eindruck
Ein Interview mit Sven Kapmeyer und Bernadette Kirchrath, den Geschäftsführern der A+B Electronic.
Seit Juli 2022 hat A+B Electronic eine doppelte Geschäftsführung. Für uns ein Vorteil: Mit Sven Kapmeyer ist jemand Geschäftsführer, der sich seit dem Studium für A+B Electronic engagiert und die Prozesse und Kollegen genau kennt. Mit Bernadette Kirchrath wiederum werden neue Perspektiven und Optimierungen eingebracht. Wir haben ein Interview geführt, das alte und neue Blickwinkel auf das Unternehmen und die EMS-Branche zusammenbringt.
A+B Electronic mit doppelter Geschäftsführung
Beginnen wir mit einer neuen Sicht auf A+B Electronic. Frau Kirchrath, Sie sind seit gut zwei Monaten dabei und haben in der Zwischenzeit die Prozesse und Leute vor Ort kennengelernt. Was war Ihr erster Eindruck von A+B Electronic?
Bernadette Kirchrath: Ich komme aus einem Unternehmen, das über 20 Jahre von einem 12-Mann-Team zu rund 70 Leuten gewachsen ist. A+B Electronic hat im Vergleich gut die doppelte Größe. Als ich das erste Mal auf das Firmengelände gefahren bin, war der erste Gedanke ‚Gott ist das groß, hoffentlich schaffe ich das‘. Und von dem ersten Eindruck ist bis heute nichts verloren gegangen. Es ist immer noch groß, aber ich sehe unheimlich viel Potenzial und habe viele Ideen. Heute hat A+B mehr Leben für mich, weil ich die Menschen dahinter besser kennenlerne.
Herr Kapmeyer, im Gegensatz dazu sind Sie bereits seit 15 Jahren bei A+B Electronic, sind über Ihr Praxissemester und die Diplomarbeit ins Controlling eingestiegen und heute Geschäftsführer. Wie hat sich die Firma aus Ihrer Sicht über die Jahre verändert?
Sven Kapmeyer: Auf jeden Fall hat sich die Größe verändert. Vor 15 Jahren waren wir 70 Leute, heute sind es 140. Und tatsächlich sind die meisten Kollegen noch dabei, wir hatten in der Zeit wenig Personalwechsel. Aber auch die Strukturen und Technologien sind mitgewachsen, wir haben eine zweite Halle angebaut und auch die Verwaltung hat sich vergrößert. Der technologische Fortschritt geht immer schneller voran – und damit auch die Anforderungen, die von Kunden an uns gestellt werden. Dem haben wir uns immer gut gestellt.
5 kurze Entweder-Oder-Fragen an unsere Geschäftsführer
Entwicklungen der EMS-Branche
Mit Blick auf die gesamte EMS-Branche, was ist hier in der Zeit passiert?
Sven Kapmeyer: Richtig nachhaltig hat sich die Branche durch Corona in den letzten Jahren verändert, gerade was die Verfügbarkeiten angeht. Wo man früher problemlos in 8 Wochen liefern konnte, sind wir heute bei Lieferzeiten von über 100 Wochen. Dementsprechend verschiebt sich bei unseren Kunden der Planungshorizont. Da sind wir an vielen Stellen schon im Jahr 2025. So verändert sich natürlich auch die Bindung zwischen Kunden und Lieferanten. Allerdings ist es schwierig eine Prognose abzugeben, wann sich die Lieferzeiten wieder einpendeln. Aber ich denke die besagten 8 Wochen werden wir nicht wieder erreichen.
Bernadette Kirchrath: Das sehe ich ähnlich. Bis wieder Ruhe in den Markt einkehrt sind wir wahrscheinlich nochmal 2 Jahre älter. Vielleicht liegen die Lieferzeiten dann homogen bei 20 Wochen.
Die Branche ist insgesamt erheblich schneller geworden und die Produktionen vieler Hersteller haben sich im Schwerpunkt nach Asien verlagert. Es wird vermehrt auf den letzten Cent geachtet – ganz im Sinne von ‚Geiz ist geil‘. Früher war der Umgang mit Lieferanten direkt auf Augenhöhe. Heute wird zwar viel davon gesprochen, aber gerade in der Preisfrage ist es dann, wenn es darauf ankommt, öfters ein Hauen und Stechen. Partnerschaften sind so schwieriger zu erarbeiten. Was ich aber auch sagen muss: Hat man sich eine Partnerschaft erarbeitet, dann hält sie auch.
Rund 550 EMS-Dienstleister gibt es allein in Deutschland. Ganz abgesehen von dem enormen Wettbewerb setzen aktuelle Krisen wie Corona oder der Bauteilmangel der Branche zu. Was macht in der jetzigen Lage ein erfolgreiches EMS-Unternehmen aus?
Sven Kapmeyer: Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Kunden. Jedes Problem betrifft immer beide Seiten. Es geht also vor allem darum, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und eng zusammenzuarbeiten. Fehlt uns zum Beispiel ein Bauteil, können wir nicht einfach eigenmächtig sagen wir nehmen ein anderes, da brauchen wir den Kunden im Zusammenspiel.
Bernadette Kirchrath: Hinzu kommt aber auch, dass man ehrlich bleibt und die Fakten beim Namen nennt. Anstatt Probleme schönzureden, sollte man einen Lösungsvorschlag parat haben und es gemeinsam angehen. Man muss in dieser breiten Branche Dienstleistungen und Services anbieten, die nicht jeder hat und auch mit den Trends der Technik mitgehen. Ein partnerschaftliches Verhältnis nützt nichts, wenn man den technischen Anforderungen der Kunden nicht mehr gerecht werden kann.
Die Zusammenarbeit in der Geschäftsführung
Frau Kirchrath, was sind die drei Dinge, die Ihnen in der neuen Aufgabe bei A+B Electronic am wichtigsten sind?
Bernadette Kirchrath:
- In allererster Linie möchte ich, dass es unseren Mitarbeitern gut geht und die Arbeitsplätze sicher sind. Und das geht nur, wenn es der A+B Electronic insgesamt gut geht.
- Ich möchte ein gesundes Wachstum für das Unternehmen. Es geht nicht zwingend um die Mitarbeiterzahl, sondern darum unser Potenzial bis in den letzten Winkel auszunutzen und dann zu wachsen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass mehr Mitarbeiter auch mehr Sorgen bedeuten können. In Krisenzeiten möchte man schließlich alle sicher halten können.
- Ansonsten hoffe ich, dass ich mich in 15 Jahren – zum wohlverdienten Ruhestand – aus einem Unternehmen verabschieden kann, dem es rundherum gut geht.
Auf die Zukunft gerichtet: Was haben Sie in den letzten Jahren gelernt, was Sie in diesem Jahr bei A+B Electronic einbringen wollen?
Sven Kapmeyer: In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass nichts wirklich planbar ist. Man kann auf die aktuellen Umwelteinflüsse nur reagieren. Sei es die Energiekrise, der Ukrainekrieg oder die Coronalockdowns – es ist schwierig proaktiv zu agieren. Deswegen ist es auch wichtig die Leute mit ins Boot zu holen und Verantwortungen so zu verteilen, dass wir flexibel bleiben.
Bernadette Kirchrath: Niemals irgendwas ganz allein machen, sondern grundsätzlich versuchen die Menschen mitzunehmen. Das ist für mich der wichtigste Punkt. Ich kann noch so sehr von einer Sache überzeugt sein, aber man muss die Kollegen auf eine sinnvolle Art und Weise abholen.
Zum Abschluss: Was macht für Sie einen guten Geschäftsführer aus?
Sven Kapmeyer: Wenn er sich zurücklehnen kann und nichts mehr zu tun hat. (lacht)
Bernadette Kirchrath: Stimmt. Ideal wäre es, wenn wir beide in unseren Büros sitzen, Däumchen drehen und Langeweile haben, weil der Laden brummt. Dann hätten wir als Geschäftsführer alles richtig gemacht.
Sven Kapmeyer: Abgesehen davon: Jeden Mitarbeiter gleich und gut zu behandeln. Wenn man den Kollegen auf Augenhöhe begegnet, sind sie viel motivierter und zufriedener.
Bernadette Kirchrath: Menschlichkeit gepaart mit einer guten Portion Zielstrebigkeit und Ehrgeiz. Ich denke das macht eine gute Geschäftsleitung aus.